Bibliotheken und ihr Umgang mit dem Ergänzungsausweis des dgti e. V.

Im Rahmen der monatlichen Netzwerktreffen der Queerbarians wurde unter anderem das Thema angesprochen, wie in Einrichtungen damit umgegangen werden kann, wenn ein Mensch einen Namen selbst wählt, der der eigenen Geschlechtsidentität entspricht.

Dies betrifft vor allem Trans und nicht-binäre Personen, welche oft einen neuen Namen wählen und auch mit selbst bestimmten Pronomen angesprochen werden möchten. Eine Namens- und Geschlechtsänderung ist in Deutschland jedoch noch immer nicht einfach. Das 40-Jahre alte „Transsexuellengesetz“ regelt den Prozess der Namens- und Geschlechtsänderung. Der Prozess dauert in der Regel sehr lange, kostet sehr viel Geld und fordert Gutachten von Sachverständigen und einen Gerichtsprozess. Um das Ganze zu erleichtern, gibt es den Ergänzungsausweis der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e. V (dgti e. V.), den man sich einfach online bestellen kann. Er ist im Zusammenhang mit einem aktuellen offiziellen Ausweispapier wie dem Personalausweis gültig. Aus Sicht der Betroffenen ist das eine schnelle und wenig bürokratische Option. 

Wir möchten aus einer queeren Perspektive Informationen für den Umgang mit dem Ergänzungsausweis in Bibliotheken zusammenfassen und Empfehlungen geben. Die Informationen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und rechtliche Belastbarkeit, können aber argumentativ unterstützen.

In den meisten Institutionen ist das Erstellen eines Bibliotheksausweises mit einem Vertragsabschluss gleichgesetzt, da damit auch die Benutzungsordnung der Bibliothek anerkannt wird. Bei Erwachsenen kann dabei der erwähnte Ergänzungsausweis herangezogen werden. Für Bibliotheken stellt sich aber leider noch allzu oft  die Frage, wie Personen mit dem Ergänzungsausweis im System angelegt werden. Für Betroffene ist die Antwort klar: die Daten auf dem Ergänzungsausweis werden kommentarlos übernommen und es werden keine weiteren Daten erfragt. Auch wir empfehlen dieses Vorgehen als Standardfall.

Sollte es durch Vorschriften oder Anweisungen nicht möglich sein, ausschließlich diese Daten einzupflegen, können bei Bedarf die Informationen auf dem Personalausweis als Backup übernommen werden. So sind diese Informationen im System nur als Zweitadresse hinterlegt, werden aber nicht für die weitere Kommunikation mit den Nutzenden verwendet. 

Bei Widerstand gegen dieses Vorgehen, egal ob intern oder extern, kann unter anderem auf die folgenden Rechtsprechungen verwiesen werden. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes veröffentlichte 2013 eine Einschätzung zu dem Thema, welche zu dem Schluss kommt, dass es an Hochschule keine rechtlichen Bedenken gibt den selbstgewählten Namen von trans und nicht-binären Personen zu verwenden, selbst in Prüfungszeugnissen und anderen Urkunden. Des weiteren gibt es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1996, welches den Anspruch auf korrekte Anrede durch Behörden gewährleistet und unter anderem zusammenfasst: „Das schließt die Pflicht ein, die individuelle Entscheidung eines Menschen über seine Geschlechtszugehörigkeit zu respektieren.“ Ein weiteres Argument können öffentliche Einrichtungen sein, die den Ergänzungsausweis bereits akzeptieren, wie die TU Dresden, die Universität Tübingen und die Universität Greifswald, um nur einige Beispiele zu nennen

Bis hierhin bezogen wir uns speziell auf erwachsene und rechtsfähige Personen. Bei der Anmeldung von Kindern oder Jugendlichen wird der Vertrag hingegen mit der jeweils bürgenden Person geschlossen. Die Angabe eines Namens ist daher eine reine Förmlichkeit, bei der im Zweifel der Wunsch der Kinder oder Jugendlichen auf jeden Fall berücksichtigt werden sollte. Besonders wenn die bürgende Person das Einverständnis gibt, kann hier die Autonomie der eigenen Namenswahl niedrigschwelliger erfolgen, indem als Name, z. B. im Anmeldeformular, von Anfang an der Wunschname eingetragen wird. Es sollte aber auch eine Namensänderung auf Wunsch von Minderjährigen möglich sein, selbst wenn die bürgende Person diese nicht befürwortet.   

Insgesamt spricht also nichts dagegen, den Ergänzungsausweis der dgti e. V. als zusätzliches Dokument anzunehmen und zu berücksichtigen. Sofern möglich wäre es wünschenswert, das Ausweisdokument auf diese Art zu ersetzen. Sollte aufgrund der rechtlichen Verbindlichkeit zwingend ein Ausweisdokument benötigt werden, sind die Informationen (Name, Anrede) des Ergänzungsweisweises nicht nur bei der Eintragung, sondern auch bei der Anrede zu verwenden.

Wenn jemand weitere Informationen, Umsetzungsvorschläge oder Leitlinien zu dem Thema hat, freuen wir uns gerne über eine Info, z.B. per Mail an uns.

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